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Der Kuhlenhof in Korschenbroich, ein historisches Kleinod

Was ursprünglich als Bericht geplant war, der das fachliche Zusammenwirken unterschiedlicher Bau-Spezialisten zur Lösung eines denkmalpflegerischen Problems dokumentiert, wurde am Ende auch zur Geschichte eines Wiedersehens nach über 20 Jahren.

Bauherr trifft Architektin – nach mehr als 20 Jahren

23. November 2017

Was ursprünglich als Bericht geplant war, der das fachliche Zusammenwirken unterschiedlicher Bau-Spezialisten zur Lösung eines denkmalpflegerischen Problems dokumentiert, wurde am Ende auch zur Geschichte eines Wiedersehens nach über 20 Jahren.

1992 war bei Restaurierungsarbeiten im historischen Kuhlenhof in Korschenbroich am Niederrhein ein bis dahin nicht bekanntes Boden-Mosaik aus Rheinkiesel (Kiesel im Lehmbett) zum Vorschein gekommen. Darin eingefügt: die Jahreszahl 1571 sowie das aus Schieferplatten gefertigte Wappen des Erbauers Werner von Dülken. Dieser Kieselboden war seinerzeit aufwändig restauriert worden und befand sich seitdem in regelmäßiger Nutzung. Durch alltägliches Betreten kam es im Laufe der Jahre dazu, dass sich einzelne Steine lösten. Um diese Gebrauchsspuren dauerhaft zu reparieren wandte sich Bauherr Reiner Leusch an die Spezialisten vom Baufachhandel Baltes in Wegberg und initiierte damit eine beispielhafte Kooperation ganz unterschiedlicher Spezialisten aus Baustoffhandel, -produktion und -verarbeitung. Gemeinsam entwickelte man eine innovative Problemlösung, die schließlich zu einem rundweg zufriedenstellenden Ergebnis führte.

Kiesel-Mosaik

Beispielhafte Zusammenarbeit der Spezialisten

Wohl wissend um dessen langjährige Erfahrung mit dem Baustoff Lehm in der Denkmalpflege trug Baltes-Mitarbeiter Markus Finken die Problematik zunächst CLAYTEC-Inhaber Peter Breidenbach vor. Auch weil er wusste, dass dieser schon auf der Ursprungsbaustelle mit allen Lehmbauarbeiten des anspruchsvollen Bauvorhabens betraut war. Später erst wurde aus dem Lehmbau-Fachbetrieb „Lehmbau Breidenbach“ der Lehmbaustoff-Hersteller CLAYTEC. Breidenbach empfahl, zur Ausbesserung des Kiesel-Lehmbodens einen geschmeidigen Mörtel aus Claytec-Lehmkleber und kaltgepresstem Leinöl anzumengen. Dieser Empfehlung folgend kontaktierte Markus Finken daraufhin Markus Brühl vom Leinöl-Produzenten leinölpro, der seinerseits praktische und fachliche Ratschläge zur Verwendung „seines“ Materials zusammen mit Lehm ergänzte.

Reparatur des Kiesel-Mosaiks... Detail: Reparatur des Kiesel-Mosaiks...

Gemäß Peter Breidenbachs Rezeptvorschlag entstand schließlich dieses Lehm-Leinöl-Gemisch: 40 % Claytec-Lehmkleber zu 60 % Wasser, das mit rohem, kaltgepresstem Leinöl mit ca. 5 % Volumenanteil des Lehmanteils versetzt wurde. Kieselsteine derselben Art, wie sie im Jahrhunderte alten Bodenmosaik verwendet worden waren, sammelte Hofeigentümer Rainer Leusch persönlich am Rheinufer bei Zons auf. Den Tipp hatte er bereits anlässlich der ursprünglichen Restaurierung bekommen – von einer Akteurin, die im weiteren Verlauf dieses Berichtes noch vorgestellt werden wird. Die Kiesel setzte er entsprechend des umgebenden Musters in die eingetragene Lehm-Spachtelmasse ein. Nach einigem Experimentieren mit den Leinölfarben von leinölpro fand Leusch schließlich einen Farbton, der ganz nah am Original lag. Nachdem die derart ausgebesserten Stellen damit endbehandelt waren, ergab sich ein harmonisches Gesamtbild, sodass Leusch den zunächst angedachten Plan zur Komplettfärbung des gesamten Bodens wieder verwarf. Denn, so der zufriedene Bauherr und Restaurator am Schluss seiner Dokumentation des Sanierungsprojekts: „Das Ergebnis war sowohl im Detail als auch in der Gesamtfläche absolut zufriedenstellend.“

Gemäß Peter Breidenbachs Rezeptvorschlag entstand schließlich dieses Lehm-Leinöl-Gemisch: 40 % Claytec-Lehmkleber zu 60 % Wasser, das mit rohem, kaltgepresstem Leinöl mit ca. 5 % Volumenanteil des Lehmanteils versetzt wurde. Kieselsteine derselben Art, wie sie im Jahrhunderte alten Bodenmosaik verwendet worden waren, sammelte Hofeigentümer Rainer Leusch persönlich am Rheinufer bei Zons auf. Den Tipp hatte er bereits anlässlich der ursprünglichen Restaurierung bekommen – von einer Akteurin, die im weiteren Verlauf dieses Berichtes noch vorgestellt werden wird. Die Kiesel setzte er entsprechend des umgebenden Musters in die eingetragene Lehm-Spachtelmasse ein. Nach einigem Experimentieren mit den Leinölfarben von leinölpro fand Leusch schließlich einen Farbton, der ganz nah am Original lag. Nachdem die derart ausgebesserten Stellen damit endbehandelt waren, ergab sich ein harmonisches Gesamtbild, sodass Leusch den zunächst angedachten Plan zur Komplettfärbung des gesamten Bodens wieder verwarf. Denn, so der zufriedene Bauherr und Restaurator am Schluss seiner Dokumentation des Sanierungsprojekts: „Das Ergebnis war sowohl im Detail als auch in der Gesamtfläche absolut zufriedenstellend.“

...nach Anleitung gelungen!

Wie eingangs erwähnt: So hatte eine schöne, runde Geschichte einen erfreulichen Abschluss gefunden. Dieses erfolgreiche Zusammenspiel unterschiedlicher Spezialisten wollte nun nur noch dokumentiert werden. Also nichts wie ran und fix einen Termin gemacht, um alle Beteiligten vor Ort auf ein gemeinsames Foto zu bringen. Das aber erwies sich in der Folge als ungeahnt schwierig. Beim Hausbesitzer-Ehepaar stand eine Urlaubsreise an, dann war der leinölpro-Mann verhindert und schließlich hatte auch Claytec-Inhaber Peter Breidenbach Reisepläne, kurzum: Ein gemeinsamer Termin mit Allen war partout nicht hinzubekommen. Peter Breidenbach war es schließlich, der entschied: „Bevor ihr den Termin immer weiter verschiebt, verabredet euch bitte ohne mich. Und ruf bitte unbedingt auch meine Mutter an, das Thema dürfte sie sehr interessieren. Schließlich hat sie seinerzeit das Bauvorhaben als verantwortliche Architektin begleitet.“

 

Unermüdlich im Einsatz: Architektin Inge Breidenbach

Inge Breidenbach ist in ihren Achtzigern und verschwendet doch nicht einen Gedanken an einen möglichen Ruhestand, im Gegenteil: Auch heute noch, nach über 50 Berufsjahren als Architektin ist sie im unermüdlichen Einsatz für Denkmalpflege und historisch authentisches Bauen. Bei der Restaurierung des Kuhlenhofes war Anfang der 1990er-Jahre ihr ganzes Fachwissen gefragt. Sie war es auch, die damals schon den Bauherren Reiner Leusch zum Kieselsteine sammeln an den Rhein schickte. Denn ihr war klar: Kiesel in dieser charakteristisch flach geschliffenen Form, wie sie im Mosaik verwendet waren „die finden Sie in keiner Kiesgrube.“ Als ich ihr von meinen Besuchsplänen für den Kuhlenhof berichte, zeigt sie sich hoch erfreut.

Die Freude ist durchaus beidseitig. Hausbesitzer Reiner Leusch ist in den Jahren der Instandsetzung seines historischen Kleinods zum Experten für Denkmalpflege und Baugeschichte geworden. Er hat zwischenzeitlich sogar ein Buch veröffentlicht, in dem er die Ergebnisse umfangreicher Recherchen zur 400-jährigen Geschichte des Kuhlenhofs und seiner Bewohner präsentiert. Leusch ist begeistert, als ich ihm vorschlage, „seine“ damalige Architektin Inge Breidenbach mitzubringen. Im historischen Fachwerkhof veranstaltet er regelmäßig Führungen, in denen er sein mit den Jahren erworbenes historisches Wissen mit interessierten Besuchern teilt. Und doch sagt er jetzt: „Aber wenn Sie die Frau Breidenbach mitbringen, wird die ihnen den Kuhlenhof noch viel besser erklären können als ich.“

Am Ende war unsere kleine Besuchergruppe ganz anders zusammengesetzt als ursprünglich geplant: Peter Breidenbach weilte in Österreich, Markus Brühl von leinölpro war leider aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Markus Finken kam in Begleitung des Architekten Olaf Paproth (Die Lehmbau-FAQs), meine Lebensgefährtin und ich hatten Inge Breidenbach abgeholt, die sich mit umfangreichen Original-Unterlagen zum einstigen Bauvorhaben „bewaffnet“ hatte. Die Eheleute Leusch empfingen uns herzlich. Reiner Leusch war bald in seinem Element und begann seinen Vortrag mit der Geschichte von Hochzeit und Hauskauf in den späten 1980er-Jahren.

Die Architektin hatte zahlreiche Originalunterlagen zum Bauvorhaben mitgebracht. Die Architektin hatte zahlreiche Originalunterlagen zum Bauvorhaben mitgebracht.

Als der Hausherr von den Ursprüngen der ehemaligen Vogtei der Freiherren zu Myllendonk berichtete, fühlte man sich in der Zeit zurückversetzt. Seine Erläuterungen zum repräsentativ überkragenden Obergeschoss und der Vier-Gebinde-Konstruktion ließen in den Köpfen der Zuhörer das Bild einer belebten Baustelle im 16, Jahrhundert entstehen. Nun sahen wir sie förmlich vor uns, die Ochsen, die eingespannt wurden, um die fertig gezimmerten Holzständerwände aufzurichten. Eine Besonderheit sind die vier Kaminzüge im Haus. Das Obergeschoss niederrheinischer Hofanlagen diente für gewöhnlich ausschließlich als Lagerraum. Im Kuhlenhof wurden sowohl Erd- als auch Obergeschoss für Wohnzwecke genutzt, sodass hier beide Etagen beheizt werden mussten.

Besonders aufmerksam verfolgte Inge Breidenbach die Ausführungen Leuschs. Schließlich spielten sich beide die sprichwörtlichen Bälle zu. Insbesondere zu ihrer damaligen Entdeckung, dem spektakulären Kieselmosaik wusste die Architektin spannende Details zu berichten. Wie sie seinerzeit durch das abrupte Ende der säulenförmigen Konsolen zu dem Schluss kam: „Die hören niemals so auf, die müssen noch ein gutes Stück weiter gehen.“ Beobachtung und Schlussfolgerung bestätigten sich später durch die Entdeckung des einen halben Meter tiefer liegenden ursprünglichen Rheinkiesel-Fußbodens. Der wurde schließlich quadratmeterweise freigelegt.

Das beispielhaft gute Zusammenspiel und das im Verlauf eines komplexen Bauvorhabens stetig gewachsene gegenseitige Verständnis und Vertrauen von Bauherrschaft und Architektin hat im Fall des Kuhlenhofes zu einem besonders glücklichen Ergebnis geführt: Vorgefundene Zeitzeugnisse unterschiedlicher Bauzustände verschiedener Epochen blieben erhalten, und so wurde das Haus gewissermaßen zu einem Kalender der bautechnischen Entwicklung durch die Jahrhunderte. Besonders eindrucksvoll auch die historischen Artefakte und Alltagsgegenstände, die Rainer Leusch heute in Vitrinen und Regalen den Besuchern präsentiert. Die waren ursprünglich nichts als Scherben und Schutt, konserviert im über Jahrhunderte aufgehäuften Staub auf dem Boden des einstigen Kartoffelkellers. Heute zeugen die gereinigten Perlen, Münzen und Messer sowie zahlreiche – teils in akribischer Kleinarbeit neu zusammengefügten – Keramikgefäße und Pfeifenköpfe vom Leben vieler Generationen. Nicht nur die Architektin Inge Breidenbach zeigte sich erfreut über diese Würdigung der historischen Fundstücke.

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