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Ein Besuch im Benediktinerkloster Reichenstein

Als wir davon erfuhren, dass eine der derzeit interessantesten Lehm-Baustellen bald für voraussichtlich 300 Jahre nicht mehr für jedermann zugänglich sein würde, war nicht nur für den Blogautor, sondern auch für Claytec-Inhaber Peter Breidenbach sowie die Kollegen Hartwig Ballis und Iris Hartmann klar: Das mussten wir uns anschauen.

Bauen für die Ewigkeit

3. November 2017

Als wir davon erfuhren, dass eine der derzeit interessantesten Lehm-Baustellen bald für voraussichtlich 300 Jahre nicht mehr für jedermann zugänglich sein würde, war nicht nur für den Blogautor, sondern auch für Claytec-Inhaber Peter Breidenbach sowie die Kollegen Hartwig Ballis und Iris Hartmann klar: Das mussten wir uns anschauen.

„Das“ ist das Benediktinerkloster Reichenstein in der Eifel. Kurz nach unserem Besuch  ist es nach über 200 Jahren Unterbrechung im Oktober 2017 erstmals wieder als Kloster eingesegnet worden. War die Klosterbaustelle zuvor für Touristen, Wanderer und Interessierte frei zugänglich, schlossen sich mit der Klostersegnung die Pforten für Außenstehende.  Wenige Tage vor dem Einweihungstermin nahm also unsere kleine Claytec-Delegation den Bau ein letztes Mal in Augenschein, bevor sich die Tore für die nächsten Jahre verschlossen.

Beten und Arbeiten

Der streng geregelte Tagesablauf des Klosterlebens ist nicht jedermanns Sache. Würden Sie gerne morgens um halb fünf aufstehen – jeden Tag? Zum Ausgleich dürften Sie sich bereits gegen 20 Uhr allmählich wieder zur Ruhe begeben, und um 21 Uhr würde das Licht ausgemacht. Schließlich ginge es ja am nächsten Tag wieder früh raus. In der Zwischenzeit stünden mindestens 6 Stunden Gebet und Gottesdienst in lateinischer Sprache an, der verbleibende Rest des Tages wäre der Arbeit und der Aufnahme der Mahlzeiten gewidmet. Was für die meisten von uns schwer vorstellbar ist, bedeutet für Andere den höchsten Grad der Verwirklichung ihres Glaubens. Der hier grob umrissene Stundenplan bildet das Grundgerüst des Lebens wie es die traditionalistischen Benediktiner-Mönche führen, die ab sofort das ehemalige Prämonstratenserkloster im Monschauer Vorort Kalterherberg bewohnen werden.

Bei unserer Ankunft steht draußen, außerhalb der Klosternmauern, ein schlichtes aber geräumiges weißes Festzelt, wie man es von Stadt- oder Schützenfesten kennt. Hier werden in einigen Tagen, am  Samstag, dem 14. Oktober 2017, die Feierlichkeiten zur Einweihung des neuen Klosters stattfinden. Als solches wurde das weiträumige Gebäudeensemble in den letzten 200 Jahren nicht mehr genutzt.  Nach über sechsjährigen Bauarbeiten ist die Restaurierung des Klosters zwar bei Weitem noch nicht abgeschlossen, die Wiederbelebung steht dennoch bereits jetzt auf dem Plan. Damit soll, so der Wunsch der Benediktinermönche,  das Jubiläum der 100sten Wiederkehr der Marienerscheinung von Fátima gewürdigt werden. Fünf Brüder aus dem französischen Stammhaus, dem Kloster Unserer Lieben Frau von Bellaigue in der Auvergne, sind bereits vor Ort. Ihr Orden erwarb 2008 die Klosteranlage in der Eifel, um auch in Deutschland eine Niederlassung zu gründen, die sich, ganz wie das Mutterhaus, der ursprünglichen Regel des Heiligen Benedikt und dem überlieferten lateinischen Ritus der heiligen Messe verpflichtet. Die Fünf bilden gewissermaßen die Keimzelle für das künftige Klosterleben. Später sollen hier einmal 20 Brüder leben, beten und arbeiten.

Restaurierung von Kloster

Seit 2010 wird hier daran gearbeitet, die alten Klostergebäude wieder bewohnbar zu machen. Die Bauarbeiten werden von den Ordensbrüdern selbst weder ausgeführt noch geleitet, denn das Stundenkontingent, das im streng geregelten Tagesablauf für die Arbeit vorgesehen ist, wird vollständig für die Bewirtschaftung der klostereigenen Forstflächen und die Organisation des Klosterhaushalts benötigt.  Zur Aufrechterhaltung des Klosterbetriebes sind die Mönche auf die Einnahmen aus dem Holzverkauf angewiesen, einzige weitere Einnahmequelle sind Spenden von Gläubigen. Für die Leitung der Bauarbeiten haben sich die Benediktiner deshalb die Unterstützung eines befreundeten Glaubensbruders gesichert: Bauleiter Pater Peter Lang ist Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X. und ausgebildeter Bauingenieur.

Gespräche am Kaffeetisch

Am Nachmittag bittet uns Pater Lang zu Kaffee und Kuchen. Ein Einladung, der wir gerne folgen, hatte uns doch zuvor beim Gang über die Baustelle ein kühler Eifelwind an das endgültige Ende dieses Spätsommers erinnert. Mit uns an der Kaffeetafel sitzen der Prior des Klosters, Pater Bernhard, ein weiterer Bruder aus dem französischen Stammhaus und die aktuell auf der Baustelle beschäftigten Arbeiter und Handwerker. In der sich entwickelnden Tischkonversation macht Pater Lang keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen den „weichgespülten“ Katholizismus der aktuellen katholischen Kirche. Er strahlt, als er uns glaubhaft versichert, wie groß seine Freude ist, an der Wiederbelebung eines Klosters mitzuwirken, in dem ein traditionelles Ordensleben mit strengen Regeln nach altüberlieferter lateinischer Liturgie praktiziert wird.

Jenseits dieser kompromisslosen Auffassung vom rechten Glauben ist uns Besuchern der von Pater Lang beschriebene Ansatz eines ebenso entschleunigten wie nachhaltigen Bauens auf Anhieb sympathisch: Unter seiner Leitung werden alle anfallenden Arbeiten von zwei universell einsetzbaren Bauarbeitern ausgeführt. Selbst beim am stärksten geschädigten und deswegen teilweise neu errichteten Südflügel wurde jeder einzelne Stein ausschließlich von denselben beiden Arbeitern gemauert, jede Kelle Putz von Hand an die Wand gebracht. „Die Geschwindigkeit spielt für uns nicht so eine Rolle, wie bei einem Bau ‚draußen‘  in der freien Wirtschaft. Entscheidend ist, dass das Ganze 300 Jahre hält. Das darf dann ruhig seine Zeit brauchen“, erklärt Pater Lang. Im Gespräch mit Peter Breidenbach bringt er die 300 Jahre ein weiteres Mal ins Spiel: „“Auf so eine Zeitspanne umgerechnet fallen auch eventuelle Mehrkosten für eine nachhaltige, ökologische Lehmbauweise nicht ins Gewicht.“ Tatsächlich fühlt sich beim Gang durch die weitläufige Klosteranlage auch in den frisch restaurierten Gebäudeteilen irgendwie alles auf eigentümliche Weise nach „Ewigkeit“ an. Beeindruckend.

In Sachen Lehmbau setzt der Bauleiter auf fachliche Expertise: Ebenso lange wie die Baustelle besteht, ist CLAYTEC-Handwerkspartner Thomas Glück mit wechselnden Mitarbeitern in das Bauvorhaben involviert. Zwischen vier und sechs Wochen im Jahr ist der Lehmbauspezialist hier mit seinen Leuten beschäftigt. Im historischen Bau kommt fast die gesamte Palette von Lehmbau-Techniken zur Anwendung: Das Ausmauern von Gefachen mit Lehmsteinen führt das Glück-Team ebenso aus wie das Mauern und Verputzen von Bruchsteinmauerwerk mit Lehm oder die Dämmung mit Pavaboard-Holzweichfaserplatten und natürlich alle anfallenden Lehmputz-Arbeiten. „Dazu kommt der Einbau von Wandheizungen in allen Räumen“, berichtet Thomas Glück. Das Arbeiten und zeitweise auch Leben in den Klostermauern ist auch für den lebenserfahrenen Lehmbauspezialisten etwas Besonderes. „Meistens wohne ich im Kloster, wenn ich hier zu tun habe. Das strenge Klosterleben mitzubekommen ist eine interessante Erfahrung. Allerdings behagt die Abgeschiedenheit hier nicht jedem.“ Er erzählt uns von einem Auszubildenden, der nach einigen Wochen Aufenthalt im Kloster inständig darum bat, dort in Zukunft nicht mehr wohnen zu müssen. Diese „Gefahr“ besteht heute ohnehin nicht mehr: Mit der Einweihung des Klosters dürfen dort nur noch Ordensbrüder übernachten, externe Handwerker müssen sich in Zukunft Hotelzimmer in der Umgebung suchen. Auch für die bis dato federführende Architektin heißt es nun Abschied nehmen: Als Frau ist ihr der Zugang untersagt.

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